Hauptversammlung 28.06.24 - Optimismus trotz Bau-Krise
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Die Tagesordnung der ordentlichen Hauptversammlung am 28.06.2024 war umfangreich. Neben den Berichten des Vorstands und des Aufsichtsrats konnte sich der neue, zweite Vorstand Prof. Dr. Ulrich Otto den Aktionärinnen und Aktionären vorstellen. Zudem wurden die ehemaligen Mitarbeiterinnen Jördis Binroth und Sabine Eggers verabschiedet und mit Rebecca Pusch, Dorothea Mann, Hashem Tahami und Dr. Beate Radzey wurden vier neue Aufsichtsratsmitglieder gewählt. Sie finden hier eine kurze inhaltliche Zusammenfassung der Versammlung.
Bericht des Vorstands
Auf die sich stetig verschärfende Situation der mangelnden Verfügbarkeit und erschwerten Finanzierbarkeit von bezahlbarem Wohnraum hat Gunnar Laufer-Stark in den letzten Jahren an verschiedenster Stelle hingewiesen. Bitter ist, dass sich die Warnungen leider meist bewahrheitet haben. Der dramatische Einbruch des Wohnungsneubaus ist eingetreten - ausgelöst durch die Faktoren Zinserhöhung, Baukostensteigerung und die Verringerung staatlicher Zuschüsse für energetisch gutes Bauen. Die politischen Reaktionen darauf sind bislang bei weitem nicht ausreichend.
Politische Maßnahmen: Förderung der Wohlhabenden oder "Tropfen auf den heißen Stein"
Die Förderung des Wohnungsneubaus über die im März 2024 beschlossene erhöhte AfA (Abschreibungen) komme vor allem wohlhabenden Privatpersonen zu Gute. Diese könnten die anfänglichen Buchverluste ihrer Investition mit anderen Einkommensarten verrechnen, so Laufer-Stark in seinem Bericht. Wer wenig oder keine Gewinne erwirtschafte - namentlich meist die gemeinwohlorientierten Akteure der Wohnungswirtschaft - profitiere davon kaum bis gar nicht. Dem stehe die von der Öffentlichkeit fast schon unbemerkt eingeführte sogenannte "Neue Wohngemeinnützigkeit" gegenüber, welche als Voraussetzung unter anderem den vollständigen Verzicht auf Kapitalausschüttungen vorschreibt. Damit fehlt ein wichtiger Anreiz, Menschen dazu zu bewegen, Gemeinwohlkapital zu geben. Die frühere Wohngemeinnützigkeit erlaubte noch Ausschüttungen von bis zu 4% - 1990 wurde sie abgeschafft. Eine Wohngemeinnützigkeit nach historischem Vorbild würde Akteuren wie der nestbau AG deutlich helfen - die nun eingeführte Regelung betrifft aber leider nur eine Nische von "rund 100 Organisationen in ganz Deutschland", wie die Bundesregierung in ihrer Pressemitteilung selbst schätzt. In Anbetracht der Herausforderungen im Bereich Wohnen ist dies leider nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Derweil lassen sich die politischen Folgen der Wohnungskrise bereits ahnen.
Optimismus bei der nestbau trotz anhaltender Krise im Bauwesen
Dennoch sei die Stimmung bei der nestbau AG trotz anhaltender Krise im Wohnungswesen wieder verhalten optimistisch. Die am 01.02.2024 beschlossene Kapitalerhöhung ist mit 3.522 verkauften Aktien und einem Betrag von gut 370.000€ (inkl. Agio) zwar nicht an die Zeiten von 2021 herangekommen, aber insbesondere in der Endphase besser gelaufen, als erwartet. Sorgen machen nun vor allem die verschärften Kreditvergabebedingungen der Banken, welche mittlerweile selbst bei 50% Eigenkapital zum Teil kein Darlehen mehr bewilligten. Die nestbau AG strebe daher nun eine Finanzierung des "Neschtles" in Pfrondorf ohne Bankdarlehen an.
Bericht des Aufsichtsrats - Meilenstein erreicht, Vorstandssuche geht weiter
Der Bericht des Aufsichtsrats stand stark im Zeichen der Vorstandssuche. Zwischen der außerordentlichen Hauptversammlung vom 01.02.2024 und der Hauptversammlung vom 28.06.2024 ist viel passiert. Es gab insgesamt 15 Bewerbungen oder Interessensbekundungen. Mit sieben Personen wurden Vorstellungsgespräche geführt, zuerst mit dem kompletten Team der nestbau AG, anschließend mit dem Aufsichtsrat. Kurz sah es danach aus, als könne direkt ein Duo gemeinsam die Nachfolge von Gunnar Laufer-Stark antreten. Dieser Plan ging leider durch die Absage der Kandidatin für den Bereich "Projektsteuerung und Recht" nicht auf. Dennoch ist mit der Bestellung von Prof. Dr. Ulrich Otto zum Vorstand der nestbau AG ein Meilenstein in der Nachfolgesuche erreicht worden. Aufsichtsrat und Vorstand hoffen im Laufe der zweiten Jahreshälfte, eine weitere Person für den Vorstand der nestbau AG gewinnen zu können.
Vorstellung neuer Vorstand, Verabschiedungen, Wahlen zum Aufsichtsrat
Der zweite Teil der Versammlung wurde emotional. Nach der Vorstellung von Prof. Dr. Ulrich Otto als neues Vorstandsmitglied wurden neben den scheidenden Aufsichtsratsmitgliedern Wilfried Braig, Margit Metzger und Sabine Götz, auch die beiden Mitarbeiterinnen Sabine Eggers und Jördis Binroth verabschiedet. Sabine Eggers ist bereits seit November 2023 in Ruhestand, Jördis Binroth verlässt die nestbau AG Ende Juli 2024. Anschließend fanden die Wahlen zum Aufsichtsrat statt. Annette Guthy, Timon Haidlinger und Markus Buckenmayer wurden wieder gewählt, neu hinzu kamen Rebecca Pusch, Dorothea Mann, Dr. Beate Radzey und Hashem Tahami.
Ausblick
Den Schlusspunkt unter eine inhaltsreiche Hauptversammlung setzte Gunnar Laufer-Stark mit einem strategischen Ausblick: Das Umfeld für den Bau von bezahlbarem Wohnraum bliebe mittelfristig schwierig, die nestbau AG aber habe noch nicht ausreichend Fläche unter Vermietung, um kostendeckend zu arbeiten. Deshalb gelte es, neben den bereits vorgenommenen Kosteneinsparungen die andere Einnahmequellen der nestbau, namentlich Beratung und Projektsteuerung, auszubauen. Hieran arbeite er bereits seit einigen Monaten. Um weitere Kapazitäten hierfür aufwenden zu können, werde es bis zu nächsten ordentlichen HV im Frühjahr 2025 keine weitere Kapitalerhöhung geben. Dies ermögliche außerdem eine intensive Einarbeitung des neuen Vorstands und der neuen Aufsichtsratsmitglieder inklusive einer systematischen Reflexion und Analyse der vergangenen Jahre.